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Mount Kimbie / Crooks And Lovers [Hotflush Records]

Platte des Monats August 2010

Autor(en): Timo Nicolas am Montag, 23. August 2010
Angefangen hat alles mit einem “Vielleicht” - und plötzlich waren die neuen Helden am Londoner Dubstephimmel geboren. Mount Kimbie wird mit dem Debutalbum “Crooks & Lovers” den hohen Erwartungen gerecht. Der Berg aus dem flachen Süden Londons

Zwar leben und arbeiten die zwei Produzenten Kai Compos und Dominic Maker, die sich hinter Mount Kimbie verbergen, in Südlondon, der Heimat des Dubsteps, und ihre Musik weist auch die durch dieses Umfeld geprägten typischen Züge auf; doch “Crooks & Lovers” schlicht als eine reine Dubstep-Platte zu bezeichnen würden dem nicht gerecht. Um die Musik von Mount Kimbie in Worte zu fassen braucht es mehr Kreativität.
Denn was vielleicht einst als Dubstep angedacht war: Mount Kimbie haben sich weit davon entfernt. Campos und Maker picken sich auf ihrem Debutalbum die für ihren Sound passendsten Elemente des Dubsteps heraus und verbinden diese mit Postrock, mit verzerrten und verrauschten E-Gitarrenriffs, flächigen, sphärischen Klängen, abgehackten Vocals und eigen für dieses Album aufgenommenen “Field Recordings”.


Urbanes Leben

Thematisch dreht sich bei Crooks & Lovers alles um South London, den Teil Londons, in dem die Musik entstanden ist. Mount Kimbie versuchen, die gesellschaftlichen und kulturellen Gegensätze die sich dort aufzeigen musikalisch aufzufangen, zu thematisieren.

Neben den unterschiedlichen Musikstilen, die das Gegensätzliche thematisch untermalen, haben Mount Kimbie extra Field Recordings in ihre Platte mit aufgenommen. Campos und Maker sind durch die Straßen Londons gezogen um den Klang der Stadt aufzuzeichnen und in ihrem Debütalbum mit einzubauen. Dadurch wird dem Hörer das urbane Gefühl der Metropole akustisch näher gebracht – die drückende Enge der Großstadt, die aufkommen kann, wenn man sich zwischen Menschenmassen und Autoschlangen hindurchquält, repräsentiert durch sphärische Ambience Parts der Platte wie „Blind Night Errand“, gleichzeitig gespickt mit kalten, elektronischen Beats und Sounds, die wiedergeben, dass man sich trotz der vielen Menschen auch alleine fühlen kann.
Aber nur selten driftet die Platte in trübe oder melancholische Gefilde ab, immer lenkt sie den Fokus auf die zwischen Betonklötzen entstandene kulturelle Vielfalt der Großstadt, die Menschen auf den Straßen und in den Bars - ja das Leben mit dem London gefüllt ist.

Mount Kimbie stellen das Leben in der Großstadt dar, mit all seinen Gegensätzen. Diese Gegensätze prallen schon innerhalb der Stücke aufeinander, zum Beispiel durch die tiefen, schweren Bässe einer Stadt, die eine untrennliche Einheit bilden mit den Bewohnern, vertont durch hohe Vocals und Rauschelemente, welche an eine Straßenszene erinnern. So geschehen bei dem Song „Would Know“.
Die Engländer zeigen das Miteinander von Stadt und Mensch auf. In all den Gegensätzen finden Mount Kimbie Gemeinsamkeiten, Unverzichtbarkeiten.


Der Gipfel des Mount K.

Einer der stärksten Tracks des Langspielers ist wohl „Field“, Kai Campos` persönlicher Liebling.
Darin wird auf ein erfolgreiches Konzept zurückgegriffen welches wir in Teilen auch schon von „Maybes“ kennen – Es beginnt mit einem langen, gradlinigen Intro, geprägt durch einen simplen, geloopten Rhythmus und gefilterte Beats. Dieser Part steigert sich gegen Ende recht schnell, wird dann plötzlich, nach eineinhalb Minuten, ohne Vorwarnung unterbrochen, so dass man für eine halbe Sekunde denkt die eigenen Boxen seien kaputt, nur um dann zu enden in einem von Gitarrenriffs, Drums und hohen Vocals dominierten Finale, in dem plötzlich das Klangspektrum erweitert wird, der Song quasi ausbricht aus der vorgegebenen Struktur und sich selbst neue Wege erschließt.

Auf „Field“ folgt „Mayor“, vielleicht das beste, auf jeden Fall das hitverdächtigste Stück der Platte. Ein schneller Rythmus, von Synthies und Drummachine bestimmt, dazu die abgehackten Vocals, welche fast schon die Illusion von zusammenhängenden Lyrics erzeugen, und ein grandioser Rhythmuswechsel in der Mitte des Werkes welcher an einen Refrain erinnern könnte, machen „Mayor“ wohl zum radiotauglichsten Track auf einer Platte, die eher für die heimische Anlage als für Radiostationen konzipiert wurde.


Die Zukunft des Dubsteps!?

Das nur 33-minütige Album ist ein erstaunlich gelungen komponiertes, in sich harmonisch abgestimmtes Werk, in dem sich die Vielfalt des Zweigespanns widerspiegelt.
Der Innovationsgeist der beiden zeigt, dass Mount Kimbie wohl einige der wenigen aufstrebenden und talentierten Produzenten sind, die der Dubstep momentan hat. Sie haben die alten Genre-Grenzen hinter sich gelassen und sind neue Wege gegangen und sind dadurch gerade dabei, vielleicht ein alterndes Genre vor sich selbst zu retten.

Sollten wir es hier also wirklich mit der Zukunft des Dubsteps zu tun haben, dann können wir uns auf diese Zukunft freuen.
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